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Brillante SJBO-Gala in Vöhringen mit Weltklasse-Solist

Das SJBO-Galakonzert in Vöhringen Anfang September war schlicht beeindruckend und verdient jeden Superlativ. In diesem Orchester stimmt derzeit einfach alles. Die Entwicklung unter der jungen Dirigentin Dr. Verena Mösenbichler-Bryant ist atemberaubend – und noch längst nicht am Ende. Jedenfalls hat die Dirigentin noch einiges vor.

Ein Blick ins Programm des SJBO-Galakonzerts Anfang September in Vöhringen ließ einiges erwarten: Alfred Reed, Astor Piazzolla, Engelbert Humperdinck, Anton Bruckner, Philip Sparke als weithin bekannte Komponisten, dazu Henry Fillmore und Gary D. Ziek als eher unbekannte Namen. Mit dem Namen Jim Steinman kann vielleicht auch in Blasmusikkreisen nicht jedermann etwas anfangen, die Musik, die das SJBO präsentierte, ist hingegen vermutlich weltweit bekannt.

Erstmals seit vielen Jahren war das SJBO wieder in Vöhringen zu Gast. Das Vöhringer Wolfgang-Eychmüller-Haus war in der Vergangenheit schon mehrfach Schauplatz außergewöhnlicher SJBO-Konzerte – man denke nur an den Solo-Auftritt des Soloposaunisten Michael Massong oder das Konzert, in dem Johan de Meijs 1. Sinfonie »Herr der Ringe« gemeinsam mit Sprecher Jo Jung aufgeführt wurde. Insofern stand das diesjährige Konzert in einer illustren Reihe, und mit Florian Hatzelmann war wiederum ein Solist von Weltrang angekündigt.

»Rolling Thunder«:
Der Titel ist Programm

Aber der Reihe nach. Nach dem Eröffnungsmarsch »Rolling Thunder« von Henry Fillmore mit sechs Soloposaunen an der Bühnenkante kündigte Moderatorin Julia Plail einen »musikalischen Wirbelwind« an. Und tatsächlich war schon bei »Rolling Thunder« der Titel bereits Programm gewesen. »Magische Klänge« versprach Plail für »Hänsel und Gretel«: Aus der Oper wurde das berühmte Abendgebet und der kindliche Traum vom den 14 tanzenden Engeln präsentiert – samtweich, eindringlich und intensiv erklang Engelbert Humperdincks wohl bekannteste Musik. Ganz anders das akustische Bild beim folgenden Scherzo aus Anton Bruckners 4. Sinfonie. Die Moderatorin kündigte jagdähnliche Hornmotive, ja sogar eine wilde Jagdszenerie an, der »attacca« Astor Piazzollas »Street Tango« folgte. Dieser stilistische Wechsel kam für manchen Zuhörer etwas überraschend, aber Julia Plail hatte dem Publikum empfohlen, »die aufregende Vielfalt der Musik« zu genießen. Den Schlusspunkt vor der Pause setzten Alfred Reeds »Armenische Tänze« (Teil 1). Mit lebhafter Rhythmik und tiefer Emotionalität setzte das Schwäbische Jugendblasorchester die weltbekannte Partitur absolut überzeugend um.

Nach der Pause folgte ein Zusammenschnitt von Highlights aus dem Musical »Tanz der Vampire« von Jim Steinman. Mitreißend, klanggewaltig und gleichzeitig nuanciert präsentierte sich das SJBO mit diesem Stück. Medleys werden gern ans Ende eines Konzertprogramms gestellt, um das Publikum mit bekannten Melodien zu begeistern – und einen großen Schlussapplaus zu garantieren. Dr. Verena Mösenbichler-Bryant stellte das Medley an die erste Stelle der zweiten Konzerthälfte, und so schlug das Orchester das Publikum sofort in seinen Bann. Spätestens hier hätte man das Motto kurzerhand in »mitreißende Musik« ändern können.

Warme, raumfüllende Klänge und die totale Leichtigkeit

Dadurch war das Feld bestellt für das »Concerto for Tuba and Wind Ensemble« von Gary D. Ziek und den Solisten Florian Hatzelmann. Ein »wahres Juwel« sei dieses Konzert, das hierzulande weitgehend unbekannt ist, erklärte Julia Plail und stimmte die gut 500 Zuhörer im Saal darauf ein, dass alle Facetten der Tuba in diesem Konzert vorstellt würden. Dieses Versprechen wurde zu hundert Prozent eingelöst: Warme, raumfüllende Klänge wechselten sich mit schwerelos virtuosen Passagen ab. Solist Florian Hatzelmann demonstrierte mit seiner Tuba die totale Leichtigkeit, während sich das SJBO klanglich und rhythmisch als perfekter Spielpartner präsentierte. Dem minutenlangen Applaus, den der Solist in seiner unnachahmlich bescheidenen Art entgegennahm, folgte mit »Fnugg« von Øystein Baadsvik ein modernes Tuba-Paradestück, bei dem Hatzelmann mit Multiphonics und anderen Spieleffekten die Möglichkeiten der Tuba auslotete.

»Tour de Force« am Ende des Programms

Der offizielle Teil des Konzerts endete mit Philip Sparkes »Dance Movements«, einem großen, preisgekrönten Werk. Die vier verbundenen Sätze stellen – grob gesagt – mit unterschiedlichen Tanzrhythmen und Stimmungen die Holzbläser, die Blechbläser und das Schlagwerk in den Mittelpunkt. Im Klappentext werden die »Dance Movements« als wahre »Tour de Force« charakterisiert, die ein Orchester richtig fordern. Das SJBO hatte zu diesem Zeitpunkt schon eine ganze »Tour de Force« hinter sich, zeigte aber keinerlei Spannungsabfall, ganz im Gegenteil: Die Musikerinnen und Musiker blieben hochkonzentriert, spielten sich gegenseitig die Bälle zu, blieben ihrem perfekten Zusammenspiel treu und begeisterten bis zum letzten Ton. Entsprechend euphorisch fiel der Applaus des Publikums aus.

Nach minutenlangen Ovationen kam nochmals Tubist Florian Hatzelmann auf die Bühne und zauberte gemeinsam mit dem SJBO einen atemberaubenden »Tuba-Muckl« auf die Bühne – wiederum gefolgt von frenetischem Applaus, mit dem sich das Publikum die inzwischen beinahe traditionelle letzte SJBO-Zugabe »Probier’s mal mit Gemütlichkeit« erklatschte.

Bei der Dankzeremonie am Ende des offiziellen Programms war zu spüren, dass die Atmosphäre beim SJBO von einer enormen Herzlichkeit und großer Dankbarkeit geprägt ist. Solist und Dirigentin wurden von den Orchestersprechern mit kleinen Geschenken bedacht, aber auch das dreiköpfige Betreuungsteam um Orchestermanagerin und -mama Barbara Batzer. Das Team hinter dem Orchester war für die Musikerinnen und Musiker erneut Tag und Nacht ansprechbar. Diesmal waren zwar »nur« acht Aktive unter 18 Jahren im Orchester dabei, dafür gab es aber auch eine zwölfjährige Debütantin, die ihre Sache hervorragend machte.

Innerhalb von einer Woche auf professionelles Niveau

Dirigentin Dr. Verena Mösenbichler-Bryant wurde für ihre menschliche, offenherzige Art gelobt. Sie schaffe es, so ein Orchestersprecher, das Orchester innerhalb von einer Woche auf ein professionelles Niveau zu heben. »Es ist ein großes Privileg für uns, mit Dir gemeinsam zu musizieren!« Die Dirigentin ihrerseits gab den Dank an die Aktiven zurück. So eine Woche sei ganz schön intensiv, räumte sie ein. Dennoch mache es riesigen Spaß, mit dem SJBO zu arbeiten, denn so eine hohe Motivation erlebe man wirklich selten. »Für mich ist es eine Riesenbereicherung und eine Ehre, mit Euch arbeiten zu dürfen!«, rief die Dirigentin ihrem Orchester zu. Auch für den Solisten Florian Hatzelmann hatte Dr. Verena Mösenbichler-Bryant ein Sonderlob: Er sei eine echte Koryphäe an seinem Instrument und dabei so unglaublich bescheiden, bodenständig und menschlich – so etwas erlebe man auf diesem Niveau selten.

Hatzelmann selbst zeigte sich gegenüber der »Blasmusik in Bayern« begeistert vom SJBO und seiner Dirigentin. »Das hat so irre Spaß gemacht«, betonte Hatzelmann. Der Tubist, der am Opernhaus Zürich arbeitet, hatte in Vöhringen ein echtes Heimspiel: Sein Heimatort liegt nur rund 20 Kilometer von Vöhringen entfernt, und viele Freunde und Verwandte waren zum Konzert gekommen. »So ein Heimspiel hat man normalerweise echt nie«, freute er sich.

Das Konzert in Vöhringen war das bisher schwerste in der noch jungen Zusammenarbeit mit Dr. Verena Mösenbichler-Bryant. Gleichwohl sieht die Dirigentin noch eine Menge Potenzial im Orchester. »Es wird von Arbeitsphase zu Arbeitsphase immer besser. Wir kommen immer schneller zum gewünschten Ergebnis, weil wir uns immer besser kennen«, befand die Dirigentin im Gespräch mit der »Blasmusik in Bayern«. Insofern werde das traditionelle Dreikönigs-Galakonzert am 6. Januar 2025 im Forum am Hofgarten in Günzburg im Anspruch nochmals ein Stückchen höher angesiedelt sein, versprach Dr. Verena Mösenbichler-Bryant.

Ohne Sponsoren geht es nicht

Am Beginn des Konzerts hatte ASM-Präsident Franz Josef Pschierer eine ganze Reihe von Ehrengästen begrüßt, darunter den Bundestagsabgeordneten und Bezirksvorsitzenden des ASM-Bezirks 2 Sonthofen, Stephan Thomae, der auch dem Freundeskreis des SJBO vorsteht. »Die ASM-Führungsriege ist gut vertreten«, freute sich der Präsident. Sehr herzlich begrüßte Pschierer die neue Verbandsdirigentin Sandra Settele, die erstmals in ihrer neuen Funktion beim SJBO zu Gast war. Unter den Ehrengästen war auch Andreas Putz als Vertreter von Buffet Crampon – der Instrumentenhersteller hatte den Kontakt zu Florian Hatzelmann hergestellt und auch das Salär für den Solisten übernommen. »Alle unsere Sponsoren tun mit ihrem Geld etwas sehr Gutes«, betonte der ASM-Präsident. »Beim SJBO geht es nicht nur um Musik, sondern auch um das Miteinander in einer Welt, die in vielen Fällen zu egozentrisch geworden ist«, sinnierte Pschierer und betonte, die Sponsoren leisteten einen wichtigen gesellschaftspolitischen Beitrag.

Text: Martin Hommer
Fotos: lautstark.fotografie