Die diesjährige Delegiertenversammlung führte den ASM am Palmsonntag ins winterliche Oberstdorf, also ganz in den Süden des Verbandsgebiets. Der Oberstdorfer Bürgermeister Klaus King erklärte in seinem Grußwort schmunzelnd, er habe den morgendlichen Schneefall eigens für die ASM-Delegierten bestellt, damit diese nach der Versammlung noch einen halben Schneetag „im obersten Allgäu“ verbringen könnten. Für den Mittag habe er – ebenfalls eigens für die ASM-Delegierten – Sonnenschein geordert. Tatsächlich traf das schöne Wetter wie bestellt ein, die meisten ASM-Delegierten zogen es trotzdem vor, die teils weite Heimreise anzutreten. Immerhin blieb ihnen so eine zweite Rutschpartie auf tief verschneiten Straßen erspart.
Die Corona-Pandemie sorgte für ein Novum: Erstmals musste der ASM bei der Delegiertenversammlung auf seinen Präsidenten verzichten. Franz Josef Pschierer war an Corona erkrankt und konnte lediglich ein Grußwort an die Delegierten verlesen lassen. Durch die Versammlung führten Pschierers Stellvertreterin Centa Theobald und ihr Stellvertreter-Kollege Rainer Lohner.
Auf der Delegiertenversammlung 2022 herrschte eine Grundstimmung, die der stellvertretende Bezirkstagspräsident Edgar Rölz in seinem Grußwort in Worte fasste: „Runter von der Couch!“ Er habe das Gefühl, so Rölz, viele hätten sich an das Pandemie-Leben im Dreieck Couch-Kühlschrank-Netflix gewöhnt. Jetzt gelte aber, endlich von der Couch zu kommen. Wenn man bei der Blasmusik sei, so Rölz weiter, sei man nie verkehrt.
Dieses „Runter von der Couch“ klang tatsächlich in allen Berichten an, wenn auch natürlich in immer anderen Formulierungen. Besonders die Jugendausbildung und Nachwuchswerbung müsse nun wieder intensiviert werden, da waren sich die Berichterstatter von Präsident Franz Josef Pschierer (seinen Bericht verlas Rainer Lohner) bis zum Bundesdirigenten Thomas Hartmann einig. Schließlich hat die Corona-Krise eine zahlenmäßig deutliche Delle in der ASM-Mitgliederstatistik hinterlassen. Die ASM-Verantwortlichen versprechen sich an dieser Stelle einiges von der Kampagne #MachMusik des Bayerischen Musikrats, die das aktive Musizieren im Freistaat mit einer groß angelegten Plakat- und Medienkampagne ins öffentliche Bewusstsein (zurück-) bringen soll.
Der stellvertretende Landrat Roman Haug betonte, die allgäu-schwäbischen Musikkapellen seien durch die Corona-Krise eingeschränkt gewesen, sie blieben aber „eine Macht“ im kulturellen Leben. Er hoffe, so Haug, dass die Kapellen wieder ihr früheres Niveau erreichen können, damit ihre Musik weiterhin die Kultur und die Region prägen können. Er habe gerade am frühen Morgen des Palmsonntags beim Kirchgang und einer ersten Palmprozession wieder einmal festgestellt: „Wenn eine Veranstaltung einen würdigen Rahmen haben soll, braucht man eine Musik dafür!“
Apropos Palmsonntag: Für den einzigen Kritikpunkt der Delegiertenversammlung sorgte die Terminwahl. Andreas Rest bat als Bezirksdirigent des Bezirks 13 Schwabmünchen darum, künftig Termine für die Delegiertenversammlung zu wählen, an denen nicht landauf, landab die Musikkapellen bei Veranstaltungen wie den Palmprozessionen zu Beginn der Karwoche eingebunden seien. Es sei sehr schade, wenn Musiker, Dirigenten oder Vorstände durch eine ASM-Versammlung an einem solchen Auftritt gehindert würden. Rainer Lohner erklärte, der ursprüngliche Termin habe bedauerlicherweise nochmals verschoben werden müssen und die möglichen Alternativtermine seien sehr spärlich gewesen, weil bereits jetzt die Veranstaltungen in den Bezirken spürbar mehr werden. Für die künftigen Versammlungen werde aber der Palmsonntag natürlich bestmöglich ausgespart.
Die musikalische Umrahmung der Delegiertenversammlung im Haus Oberstdorf übernahm die Musikkapelle Oberstdorf. Und auch sie sorgte übrigens für ein Novum: Mit der dreisätzigen Suite „Tirol 1809“ von Sepp Tanzer spannte sie einen konzertanten Rahmen über den Mittelteil der Versammlung und riss die Delegierten mit ihrem ausgefeilten Vortrag mit. Der „gastgebende“ Bezirksvorsitzende Stephan Thomae (MdB) vom Bezirk 2 Sonthofen bescheinigte diesem Werk, das vom Tiroler Volksaufstand des Jahres 1809 handelt, „geradezu deprimierende Aktualität“ angesichts des Krieges in der Ukraine. Thomae selbst ist stellvertretender Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages und dankte den Musikkapellen für ihre weitreichende Unterstützung und Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung.
(Text und Fotos: Martin Hommer)